Gerade packe ich meine Koffer, denn gleich kommt der Fahrer, um mich zunächst in das DAHW-Büro von Freetown zu bringen und später zum Flughafen. Ich höre eine beunruhigende Nachricht: Der Dauerregen der vergangenen Tage hat allein in Freetown 13 Menschenleben gekostet. Der ganze Abhang eines Hügels im Osten der Stadt ist abgerutscht, die Massen von Schlamm und Geröll haben viele Menschen unter sich begraben. Regenzeit 048
Erwähnenswert ist allerdings nicht allein die Tatsache, dass es schon wieder einen Erdrutsch gegeben hat und schon wieder die Ärmsten Bewohner betroffen waren, deren kleine und armselige Hütten den Hang hinunter gespült wurden – bezeichnend ist, dass es in kaum einem Radiosender, mit Ausnahme eines sehr kleinen, privat betriebenen Senders, zu hören, in keiner Zeitung zu lesen ist. Das Problem wird totgeschwiegen – vermutlich so lange, bis auch einmal die großen Häuser der Reichen betroffen sind. Rund um die amerikanische Botschaft stehen diese Gebäude ja schon bedenklich schief.
Unterdessen läuft auf CNN ein ausführlicher Bericht über den Prozess gegen Charles Taylor, den früheren Diktator des Nachbarlandes Liberia. Dieser Mann hatte die Waffen und Ausbilder geliefert, mit denen der Bürgerkrieg in Sierra Leone angefeuert wurde – bezahlen ließ er sich seine „Leistung“ mit den Blut-Diamanten aus dem Bergland im Südosten.
Nun steht in diesem Bericht aber nicht der Prozess im Vordergrund oder die Untaten des Mannes, der seine Truppen mit zwangsrekrutierten Kindersoldaten verstärkt hatte, sondern lediglich die Tatsache, dass nach einem berühmten Supermodel nun auch noch eine nicht minder berühmte Schauspielerin vor dem UN-Sondertribunal in Den Haag aussagen musste. Beide hatten anscheinend wertvolle Geschenke von Taylor erhalten: Diamanten, bezahlt mit dem Blut der Menschen aus Sierra Leone.
Brav wurden diese beiden medientauglichen Damen nun befragt, ob sie wirklich gewusst hatten, was sie da als Geschenk entgegen genommen hatten – quasi als „Gage“ für ein Treffen mit dem liberianischen Diktator, der sein eigenes Image damit wohl aufwerten wollte. Und ebenso brav haben beide geantwortet, sie hätten nicht gewusst, was es mit den wertvollen Pretiosen auf sich gehabt habe.
Einem Modepüppchen, das ungefähr genauso verdächtig ist, hochintelligent zu sein wie ein durchschnittlicher Fußballprofi, mag man dies ja noch abnehmen, aber einer Schauspielerin, die sich seit Jahren damit brüsten, lediglich intellektuell anspruchsvolle Rollen anzunehmen, wohl kaum. Trotzdem: Kein Kommentar von CNN in dieser Richtung, keinerlei kritisches Hinterfragen, keine Bewertung dieser armseligen Auftritte, sondern lediglich die übliche Hofberichterstattung wie bei Promis eben üblich. Regenzeit Schlamm im Meer
Vor dem Wetterbericht gibt es dann noch einen kurzen Bericht über das Hochwasser in Deutschland, Tschechien und Polen, danach einen längeren über die Hitze und Waldbrände rund um Moskau und jeweils einen sehr kurzen über die Flutkatastrophe in Pakistan sowie das Hochwasser in China. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, manche Sender warten nur auf solche Gelegenheiten, um dann mit großer Aufmachung darüber berichten zu können.
Neuigkeiten erfährt man bei den heutigen Berichten allerdings nicht, es sind fast die gleichen Bilder und fast exakt die gleichen Worte wie schon seit einigen Tagen. Lediglich die auch weiterhin wild umherfuchtelnden Reporter hatte man ausgetauscht, damit es wenigstens so wirkt, als ob es etwas Neues zu berichten gebe. Ich hoffe, mein Haus in Kitzingen steht noch, wenn ich morgen Nachmittag wieder Zuhause sein werde – bei den Berichten von CNN kommen mir so langsam ernsthafte Zweifel.