Dakar-Büro 01-kleinAußer dem heißen Sommer gibt es wohl kaum ein anderes Thema, das in Deutschland momentan so heiß diskutiert wird wie die Pleitenserie der Bahn: Züge, bei denen durch die Hitze die Technik ausfällt, und das nicht einmal ein halbes Jahr, nachdem im vergangenen Winter die gleichen Züge wegen der Kälte ausgefallen waren. Passt aber wohl ins Bild bei einer Bahn, die vor lauter geplatzter Termine des geplanten Börsengangs den Service etwas hintenan stellt.
Wer aber meint, mit dem Flugzeug zu verreisen sei einfacher oder gar zuverlässiger, der sollte es einfach mal ausprobieren. Bestimmt nimmt man danach die Pannen der Bahn durchaus gelassener hin.
Aber der Reihe nach: Schon beim Einchecken in Frankfurt muss ich feststellen, dass ich schon über ein Jahr lang nicht mehr von dort aus geflogen bin. Und das soll sich bitter rächen, denn in meiner Naivität dachte ich, ich müsste mich einfach vor dem Check-In-Schalter in die lange Schlange stellen und käme dann irgendwann auch an die Reihe.
Das komme ich auch, aber dies ist nur eine Vor-Kontrolle: „Ihre Bordkarte“, ertönt es in ungefähr dem gleichen freundlichen Tonfall, den wir von österreichischen Gendarmen kennen, wenn wir hinter dem Grenztunnel in deren Mautfalle tappen. „Bordkarte, die bekomme ich doch beim Check-In“, meine ich immer noch reichlich naiv.
Nach einer durch die Länge der Schlange etwas undurchsichtigen Beschreibung verstehe ich dies so, dass ich zuerst am Automaten einchecken muss. Der eigentliche Check-In-Schalter ist nur noch die Gepäckaufgabe. „Sie müssen ja nicht mit uns fliegen“, wage ich zu hören, als ich anmerke, warum denn die Automaten nicht auch gleich das Gepäck schlucken könnten.
Also raus aus der Schlange – nicht einfach, wenn jeder Reisende mehr Gepäck auf seinem Wagen hat als die Bahn auch nur ansatzweise gestatten würde – und ab in eine der Schlangen vor dem Automaten. Wie vor den Supermarkt-Kassen stellt man sich auch hier immer in die falsche Reihe, denn die geschätzten drei Betreuer für gefühlte 100 Automaten sind enorm gefragt.
Zurück in der Schlange vor den Gepäck-Check-In zeige ich meine Bordkarte und darf passieren, also in der Schlange weiter nach vorn zu den Schalter rücken. Schneller als der „alte“ Check-In geht das dann übrigens auch nicht, aber besser soll das natürlich sein, versichern mir die dort doch halbwegs freundlich gestimmten Mitarbeiter.
Der Blick hinüber auf die Business-Class lässt mich dies bezweifeln, denn die Schlange ist dort zwar genau so lang, aber es ist eben nur eine Schlange ohne Umweg über die Automaten. Und die nächste Schlange wartet ja auch noch: die Sicherheitskontrolle. Das ist der Ort, an dem Eltern die Getränke für ihre Kinder entweder in einem Zug leeren oder in die große Mülltonne werfen müssen. Ob Getränke, Sonnencreme, Mückenschutz oder andere Dinge in halbwegs flüssigem Aggregatzustand: Wer mehr als 100 Milliliter im Handgepäck hat, für den ist hier die Reiseplanung über den Haufen geworfen.
Insgesamt dreimal habe ich nachgefragt, ob ich beim Umsteigen in Brüssel mein Gepäck erst abholen und dann erneut aufgeben muss oder ob dies automatisch geht (Der Automat zählt hier nicht, der hatte darauf keine Antwort parat). Die Antwort war immer, ich solle mir keinerlei Sorgen machen, es funktioniere alles automatisch. Trotzdem beschleicht mich beim Gang durch das Terminal in Brüssel ein ungutes Gefühl, als ich zum Flieger nach Dakar gehe.
Im Flugzeug denke ich daran nicht mehr, denn da gibt es ganz andere Probleme mit Gepäck: Ein Passagier hatte sein Gepäck zwar ordnungsgemäß aufgegeben – ob mit oder ohne Automat, ist leider nicht überliefert, war aber dann nicht in den Flieger gekommen. Zweimal muss die Crew durchzählen, dann gibt der Kapitän bekannt, dass sämtliches Gepäck ausgeladen wird, um das des verschwundenen Passagiers aus dem Flugzeug zu bringen.
Zwei Stunden kostet die ganze Aktion und mit genau dieser Verspätung kommen wir endlich in Dakar an. Ob der Kollege vom dortigen DAHW-Büro trotzdem auf mich wartet, geht mir durch den Kopf – nichtsahnend, dass sich meine Ankunft noch weiter hinaus zögern wird.
Nach den üblichen Einreisekontrollen geht es zum Laufband für das Gepäck. Meine Reisetasche wird wohl wie immer erst zum Schluss auf das Band kommen – groß und schwer macht sie sich wohl sehr gut, um im Flugzeug ganz unten zu liegen und dann eben zuallerletzt auf das Band zu kommen. Ich halte mich also aus alter Gewohnheit aus dem üblichen Anfangsgetümmel heraus und schaue lange Zeit gebannt auf die Gepäckstücke.
Koffer und Taschen ziDakar-Büro 02-kleinehen an mir vorbei wie vor vielen, vielen Jahren bei den Kandidaten von Rudi Carell. Gut, dass ich mir die jetzt nicht merken muss, nur wenn meine Tasche kommt, und die habe ich bislang noch immer erkannt – bislang, denn sie kommt nicht.
Das Band leert sich und ich suche mittlerweile nach einem Verantwortlichen für das Gepäck. Da ist es selbst an einem Samstagnachmittag einfacher, in einem Baumarkt einen Verkäufer zu finden – von Pontius nach Pilatus werde ich geschickt, bis ich endlich bei einem Mitarbeiter lande, der für das Gepäck zuständig ist, für das fehlende Gepäck natürlich.
Dass dieser ansonsten aber sehr freundliche Mitarbeiter kaum englisch spricht, macht die Sache nicht wirklich einfacher, aber immerhin habe ich eine amtliche Bescheinigung mit drei Stempeln, dass mein Gepäck nicht mit mir nach Dakar gereist ist. Morgen solle ich mal anrufen, dann könne er mir vielleicht sagen, wo sich meine Tasche befinden könnte.
Daniela Eich, die DAHW-Repräsentantin in Senegal, meint, es werde wohl rund drei Tage dauern, bis ich meine Tasche haben werde – ist ihr selbst auch schon mehrmals passiert. Ist kein wirklicher Trost, wenn man nach der Dusche wieder in die alten, verschwitzten Kleider schlüpfen muss, aber morgen werden wir erstmal einkaufen gehen. Gibt es eigentlich keine Bahnverbindung Würzburg-Dakar?